Wärmedämmeigenschaften der Gebäudehülle - Alternative Fassadendämmungen, Teil 6

Weiter geht es mit dem vorletzten Teil der Reihe "Wärmedämmeigenschaften der Gebäudehülle". Hier beschäftigt sich unsere Mitarbeiterin Katharina Stünkel mit alternativen Fassadendämmungen. Neben den klassischen Dämmungen bietet der Markt spannende Alternativen, die nicht nur zur Reduktion von Baumaterial führen, sondern auch neue Perspektiven in der Gestaltung eröffnen. Bei diesen unkonventionellen Dämmvarianten handelt es einerseits um eine aktive Wärmedämmung und andererseits um eine passive Wärmedämmung durch Solarenergienutzung.

Aktive Wärmedämmung umgesetzt in Praxisbeispielen

Ein bekanntes Beispiel für die aktive Wärmedämmung ist das von Sanaa entworfene Gebäude in Essen auf dem Gelände Zeche Zollverein. Das architektonische Konzept sah eine filigrane und gleichzeitig tragende Sichtbetonfassade mit einem hohen Maß an Transparenz vor. Diesem schlanken und einschaligen Entwurf standen die strengen Dämmvorgaben der deutschen EnEV gegenüber. Normalerweise müsste bei einer Sichtbetonfassade eine zweischalige Konstruktion mit Kerndämmung und somit einer Wandstärke von ca. 55 – 60 cm konzipiert werden. Diese Variante stand jedoch im Widerspruch zum Konzept der Architekten. Daraufhin entwickelten die Energietechniker (Ingenieurbüro Transsolar) die aktive Wärmedämmung in Form einer beheizten Fassade. In die einschalige Sichtbetonfassade ist ein mäanderförmiges Rohrsystem eingelegt, welches die Innenwände auf 18°C temperiert. Dadurch konnte die Dicke der Außenwand um ca. 20 cm auf 30 cm reduziert werden. Des Weiteren wurde weniger Bewehrung für eine rissfreie Fassade benötigt, da durch die „warme“ Wand geringe Temperaturextreme und somit weniger Spannungen zu erwarten sind.

Im Hinblick auf die Einsparung von Energie und CO2 ist dies selbstverständlich nicht mit einem konventionellen Heizsystem möglich. Die Wärmeversorgung erfolgt mit Hilfe des Grubenwassers aus den ehemaligen Steinkohleabbauschächten. Das durchschnittlich 29°C warme Wasser wird aus ca. 1000 Meter Tiefe an die Oberfläche gepumpt. Dieses Wasser, welches sich in den Schächten sammelt, muss regelmäßig abgepumpt werden um zu verhindern das die aktiven Bergwerke untergehen und, was noch viel wichtiger ist, dass sich das Grubenwasser nicht mit dem darüber liegenden Grundwasser mischt. Bisher wurde das Grubenwasser ungenutzt in die Emscher geleitet.

Dieses Beispiel zeigt das geothermische Wärmequellen nicht nur zum Heizen der Räume, sondern auch zum Heizen der Fassade, als alternative Dämmung, genutzt werden können. Da das Wasser hier sowieso hochgepumpt werden muss, verrechnet sich die dafür eingesetzte Energie in der Bilanzierung.

Passive Wärmedämmung als Alternative

Bei der passiven Wärmedämmung wird im Gegensatz zur aktiven tendenziell keine mechanische Hilfsenergie benötigt. Der passive Energietransport findet meist allein durch Wärmeleitung, Solar- und Wärmestrahlung und freie Konvektion statt. Zu der passiven Wärmedämmung zählen zwei Varianten, die transparente Wärmedämmung (TWD) und der Bau von Doppelfassaden (z.B. Wintergärten).

Die transparente Wärmedämmung vereinigt zwei Funktionen, die des Wärmeschutzes und die solare Energiegewinnung. Durch die passive Nutzung der Sonnenenergie ist die Transparente Wärmedämmung dazu in der Lage, den Heizenergieverbrauch im Neu- und Altbau stärker zu reduzieren als eine konventionelle Dämmung. Sie kompensiert die Transmissionswärmeverluste (Umkehr des Wärmestroms) und stellt ein alternatives Gebäudeheizsystem durch die solaren Wärmegewinne dar. In den gängigsten Fällen besteht sie entweder aus einem Kunststoff oder Glas, wobei letzteres am temperaturbeständigsten ist. Entscheidend ist, dass das Material einen hohen Gesamtenergiedurchlass (g-Wert) hat und gleichzeitig einen niedrigen U-Wert, um zu verhindern das die gesammelte Wärme, speziell im Winter, zu schnell aus dem Gebäude weicht. Die EnEV legt Mindestwerte für den g-Wert fest: Für Fenster ist ein hoher g-Wert nachteilig im Bereich des sommerlichen Wärmeschutzes.

Das Prinzip der TWD ist, die Sonnenstrahlen durch die transparente Dämmschicht auf ein Absorbermaterial (dunkle Wand) treffen zu lassen. Dieses wandelt die Strahlen in Wärme um und leitet diese in einen thermischen Speicher (Mauerwerk). Der Wärmespeicher gibt die Wärme dann zeitverzögert an den Innenraum ab. Wenn die Sonne wenig scheint kann möglicherwiese nur der Transmissionsverlust der Wand gedeckt werden. Bei intensiver Sonnenstrahlung erwärmt sich die TWD-Konstruktion und je nach Material und Dicke der Wand kommt es zeitverzögert zu einem Temperarturanstieg auf der Innenseite. Steigt die Temperatur der Wand höher als die Innenraumtemperatur, richtet sich der Wärmestrom nach innen und die Wand wird zu einer großflächigen Niedertemperaturheizung. Um zu verhindern, dass im Sommer die Temperatur zu stark ansteigt, muss ein Verschattungssystem für diese Phasen vorgesehen werden.

Es gibt unterschiedliche Funktionstypen und Fassadensysteme. Vor allem das sich derzeit noch in der Entwicklungsphase befindliche „Konvektive System“ und das „Hybridsystem“ klingen vielversprechend, da diese den sommerlichen Wärmeschutz ohne Verschattungselemente in den Griff bekommen sollen und höhere Netto-Energiegewinne, in Abhängigkeit von der Qualität des TWD-Systems und von verschiedenen Randbedingungen, von 50-150 kWh auf die reine Aperturfläche bezogen, versprechen.

Bei der passiven Dämmvariante mithilfe der Pufferzone verhält es sich ähnlich wie mit der transparenten Wärmedämmung. Primär ist hier allerdings das Ziel, die Lüftungs- und Transmissionswärmeverluste zu reduzieren, um Energie einzusparen. Die äußere transparente Fassade der Pufferzone schützt die dahinterliegende Fassade vor Wind und Witterung und ermöglicht durch die Transparenz eine Erwärmung der ruhenden Luftschicht im Zwischenraum, wodurch die Dämmwirkung der Pufferzone erhöht wird.
Ein klassisches Beispiel für eine Pufferzone ist die Doppelfassade, die häufig bei großen, verglasten Bürogebäuden vorzufinden ist. Aber auch bei einem Ein- und Mehrfamilienhaus können Pufferzonen mithilfe von Wintergärten oder verglasten Balkonen geschaffen werden. Auch hier muss auf eine Verschattung und/oder Belüftung geachtet werden um dem sommerlichen Wärmeschutz genüge zutun. Bei einer richtigen Nutzung und ohne Zusatzheizung können Glasvorbauten den Heizenergieverbrauch eines Gebäudes reduzieren. Dies gelingt nicht nur, wie gerne vermutet, auf der Südseite des Gebäudes, auch die Nordseite kann in ähnlicher Weise durch den Puffereffekt zur Energieeinsparung beitragen. Im speziellen hängt der energetische Vorteil vom Verhältnis der vom Vorbau überdeckten Fassadenfläche zum Gesamtvolumen des Haupthauses ab. Die Energieeinsparung durch Vorbauten ist derzeit jedoch nicht wirtschaftlich und rechnet sich nicht in Relation zu den Investitionskosten. Soll heißen, dass diesen Vorbauten noch ein anderer Nutzen innewohnen sollte, wie ein Wintergarten, um die Investition zu legitimieren.

Unabhängig davon, für welche Sanierungsvariante sich eine Bauherrin oder ein Bauherr entscheidet, lohnt es sich, nach speziellen Förderungen und Zuschüssen, wie die der KfW oder BAFA, zu erkundigen, um den maximalen Energie- und Kostennutzen bei geringen Investitionskosten durch das Gebäude zu erhalten.

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Quellen

  • Detail (19. März 2007). Zollverein-Schule in Essen: Wärmedämmung der Betonschale. Detail, 6.2018.
  • Fachverband Transparente Wärmedämmung e.V. (2000). Transparente Wärmedämmung. Eigenschaften und Funktionen. Gundelfingen: TWD.
  • Frahm, T. (2018). Transparente Wärmedämmung dämmt & nutzt Sonnenlicht. www.daemmen-und-sanieren.de. Link zum Artikel. Zuletzt gesehen am 01. Juni 2018.
  • Werner, H. & Lindauer, E. (1986). Flasvorbauten - richtig genutzt. IPB. 13, 113.