Bremsenergie ungebremst nutzen

Um Massen in Schwung zu bringen, ist Energie nötig. Beim Abbremsen wird ein großer Teil dieser Energie in Wärme umgewandelt – und ist somit für eine weitere Nutzung verloren. Ein Team des „Future Energy – Institut für Energieforschung“ der Hochschule Ostwestfalen-Lippe (HS OWL) hat eine Schaltung entwickelt, die Bremsenergie zurück ins Stromnetz speist. Johann Austermann hat hierzu seine Promotion erfolgreich abgeschlossen.

Wenn ein Aufzug aus dem siebten Stock ins Erdgeschoss fährt, wird beim Bremsen Energie frei, die bislang vor allem als Wärme in die Umgebung eingeht. Gleiches gilt für alle bewegten Massen. Für Anwendungen, die an ein Stromnetz angeschlossen sind, haben Wissenschaftler der Hochschule Ostwestfalen-Lippe eine Lösung entwickelt: eine Schaltung, die an der Stelle des Bremswiderstands sitzt und die Bremsenergie zurück ins Stromnetz speist. „Da sich die Schaltung ähnlich wie die bisher eingesetzten Bremswiderstände verhält, können problemlos auch bestehende Antriebssysteme damit nachgerüstet werden“, erklärt Johann Austermann, der am „Future Energy – Institut für Energieforschung“ (iFE) der HS OWL arbeitet und über die Entwicklung dieser Schaltung seine Doktorarbeit verfasst hat.

Neben dem ökologischen Ziel, Energie zu sparen, hatten die Wissenschaftler auch die ökonomischen Gesichtspunkte im Blick. „Bisher war die Rückgewinnung von Bremsenergie bei Kleinantrieben nicht wirtschaftlich genug. Deshalb konnte sie sich in der Industrie nicht durchsetzen“, erklärt Austermann. Dank der Schaltung aus Ostwestfalen-Lippe soll sich das ändern: Innerhalb von zwei Jahren sollte sich der Umbau durch die eingesparten Energiekosten gerechnet haben, schätzen die Wissenschaftler der Hochschule OWL. „Mit seiner Arbeit hat Johann Austermann einen wichtigen Beitrag innerhalb der Energieeffizienzforschung für industrielle Antriebe geleistet“, sagt Professor Holger Borcherding, der die Promotion an der HS OWL betreute. Die Arbeit trägt den Titel „Rückspeisestromrichter mit geregeltem Zwischenkreisstrom“. Die kooperative Promotion erfolgte gemeinsam mit der Technischen Universität Braunschweig. Momentan bereitet Johann Austermann die Veröffentlichung seiner Doktorarbeit im Verlag Shaker vor.

Sprung aus der Wissenschaft in die Wirtschaft

Bisher hat das Team des iFE für die Entwicklung zwei Schutzrechte zur Anmeldung eingereicht. Den Sprung in die Wirtschaft haben die Ergebnisse bereits geschafft: Die Unternehmen Lenze SE (Hameln) und MSF-Vathauer Antriebstechnik GmbH & Co. KG (Detmold) bieten Produkte an, in die die neue Technik eingeflossen ist. Darüber hinaus haben die Wissenschaftler ihre Forschung mehrfach auf der Hannover Messe präsentiert, um Anwender oder neue Projektpartner zu gewinnen. Angesprochen von der Entwicklung sind vor allem Unternehmen, die sich mit elektrischer Antriebstechnik befassen. Zudem erhielt das Team den „OWL Transferpreis 2014“. Im Rahmen der Promotion sind rund 15 Studienabschlussarbeiten entstanden, die Austermann betreut hat.

Die Entwicklung wurde zwischen 2010 und 2018 durch verschiedene Projekte finanziert: zunächst über das Bundesministerium für Bildung und Forschung im Programm „FHprofUnt“ und anschließend über den Spitzencluster „it’s OWL – Intelligente Technische Systeme OstWestfalenLippe“ in den Projekten „Effiziente leistungselektronische Schaltung zur Nutzung von Bremsenergie“ (gemeinsam mit Vathauer) und „Intelligente Antriebs- und Steuerungstechnik für die energieeffiziente Intralogistik“ (zusammen mit Lenze). Die Wissenschaftler setzen die Forschung inzwischen im branchenübergreifenden Projekt „DC-INDUSTRIE“ fort. Hier hat Johann Austermann inzwischen die Leitung des Arbeitspakets „Geräteentwicklung“ übernommen.

Informationen für Doktorandinnen und Doktoranden an der HS OWL gibt es beim Graduiertenzentrum.OWL: www.hs-owl.de/graduiertenzentrumnew

Quelle: Katharina Thehos, HS OWL, Presse- und Öffentlichkeitsarbeit